»Denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben.« Jeremia 29,11

Glaubenswoche 2024

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Glaubenswoche 2024

FAIRhandeln - nachhaltig leben: Ökumenische Glaubenswoche vom 8. bis 15.9.2024

Vom 8. bis zum 15. September laden Halterns Kirchengemeinden erneut zu einer ökumenischen Glaubenswoche ein.

Nach der gelungenen Premiere 2022 stand für die Veranstalter schnell fest, dass man an dem gemeinschaftlichen Konzept festhalten wolle - und so haben die katholische Pfarrei St. Sixtus, die evangelische Kirchengemeinde sowie die Neuapostolische Kirche abermals ein sehr abwechslungsreiches Programm auf die Beine gestellt. Unter dem Leitthema "FAIRhandeln nachhaltig leben" finden in der zweiten Septemberwoche in der Pfarrkirche und im Festzelt auf dem Marktplatz viele Aktionen für Jung und Alt statt. Und zum ersten Mal werden im Rahmen der Glaubenswoche drei thematisch passende "Spritztouren" sowie ein großer Kinderflohmarkt angeboten.

"Die dramatischen Veränderungen des Klimas, wie sie von Menschen verursacht werden, lassen kein Abwarten mehr zu. Es gebraucht im Hier und Jetzt die Bereitschaft, unserer Verantwortung gerecht zu werden, damit auch noch nachfolgende Generationen nach uns diese Erde bewohnen können", so die Veranstalter. Diesen brennenden Themen wolle man sich im Rahmen der Veranstaltung auf vielfältige Weise stellen - wobei der Spaß, das fröhliche Beisammensein und musikalische Highlights auf keinen Fall zu kurz kommen werden! „Die Glaubenswoche wird von den beteiligten Gemeinden als eine Einladung und ein Geschenk an die ganze Stadt-Gesellschaft verstanden, und wir freuen uns über jeden, der unsere Angebote annimmt.“ 

Comedy-Abend und Podiumsdiskussion

Zu den Höhepunkten im Festzelt wird neben einer Podiumsdiskussion mit Weihbischof Rolf Lohmann und Autor Philipp Blom zum Thema "Nachhaltigkeit - Bewahrung der Schöpfung" (Mittwoch, 11.9.) ein Comedy-Abend mit Jens Heinrich Claassen, Serhat Dogan und Erasmus Stein gehören (Dienstag, 10.9.). Der Eintritt ist - wie auch bei allen anderen Veranstaltungen - frei. Am Donnerstag, den 12.9., steht ein Feierabendmarkt mit "nachhaltigem Schwerpunkt" auf dem Programm. In einem politischen Streitgespräch am Montag, 9. September, widmen sich Vertreter des Bauernverbands und Landwirte der Frage "Wie fair ist unsere Landwirtschaft?".

Für die jungen Spurensucher aus den Kindergärten und Schulen steht wieder ein spannender Stationslauf an, und für alle, die zeitig unterwegs sind, gibt's jeden Morgen um 7 Uhr eine Frühschicht in der Kirche mit anschließendem Frühstück im Festzelt.
Der Nachmittag des Freitags, 13. September, gehört komplett der Jugend - mit einem "Markt der Möglichkeiten", einem ökumenischen Jugendgottesdienst und einer großen Party im Festzelt mit lokalem DJ.

Kinderflohmarkt und Interkulturelles Fest

Am Samstag, 14. September, findet ab 8.15 Uhr ein großer Kinderflohmarkt statt. Buchungen für einen eigenen Platz sind ab sofort beim Kindergarten St. Marien möglich unter Tel. 9236-480 oder per WhatsApp unter 0160/97703247. Die Anmeldegebühr beträgt 5 Euro, der Erlös kommt der Kinder- und Jugendarbeit der Pfarrei zugute.
Der Samstagnachmittag steht auch in diesem Jahr ganz im Zeichen eines Interkulturellen Festes. Ab 14.30 Uhr wird der gesamte Bereich um Kirche und Festzelt zum Schauplatz für Spiele und Vorführungen aus aller Welt, und natürlich kommen auch die lukullischen Genüsse nicht zu kurz.

An drei Tagen laden die Veranstalter außerdem zu "Spritztouren" ein: Am Mittwoch, 10.9., geht's zur Ausstellung "Planet Ozean" im Gasometer Oberhausen, an zwei weiteren Tagen auf eine Fahrradtour mit interessanten Stationen. Infos zur Anmeldung gibt's hier.

Mit Beginn der Glaubenswoche wird darüber hinaus in der Pfarrkirche die Ausstellung "Die Welt ist Gottes so voll..." mit Werken des Fotokünstlers HG Werner eröffnet, die bis zum 17. November zu besichtigen sein wird. Die Bilder können gegen eine Spende erworben werden.

Ein großes Chortreffen mit offenem Singen, ein feierliches Schöpfungskonzert, abwechslungsreiche Gottesdienste, die beliebte "Kümmelkes-Aktion" sowie natürlich die Große Kreuztracht mit Weihbischof Lohmann als krönender Abschluss: Die ökumenische Glaubenswoche 2024 verspricht, eine runde Sache zu werden. Seien Sie auf jeden Fall dabei!

Das gesamte Programm finden Sie hier sowie in den Flyern, die in unseren Kirchen und an verschiedenen anderen Stellen in unserer Stadt ausliegen.

8. September: Toller Auftakt in eine spannende Woche!

Um 14 Uhr am Sonntag startete unsere ökumenische Glaubenswoche mit einem Nachhaltigkeitsmarkt der Eine-Welt-Gruppen vor der Pfarrkirche. Kaffee, Tee und Schokolade aus fairem Handel, Infostände, eine Handy-Sammelstation und interaktive Angebote sorgten für einen interessanten Querschnitt rund um das Glaubenswochen-Thema "Fair handeln - nachhaltig leben". Am Stand von Bärbel Matuszczyk gab es außerdem die beliebten, im Wallfahrtsort Kevelaer gesegneten Engelchen und weitere, in liebevoller Handarbeit hergestellte Produkte, deren Erlös einem Altenheim im ägyptischen Alexandria zugute kommt. 

Um 15 Uhr begann der ökumenische Auftaktgottesdienst in der Pfarrkirche - und er sollte zu einem Ereignis mit echtem Gänsehautfaktor werden: Über 600 Sängerinnen und Sänger aus Marler und Halterner Chören begleiteten unter Leitung von St.-Sixtus-Kantor Thomas Drees den Gottesdienst musikalisch und rissen die Besucher der vollbesetzten Kirche von Anfang an mit. Ein weiterer Höhepunkt war die phantasievolle Inszenierung der Schöpfungsgeschichte durch Kinder aus den Chören und Messdiener. Einen stimmungsvollen Abschluss bildete die gemeinsame Agape-Feier.
Aus musikalischer Sicht war der Tag aber noch lange nicht vorbei: Im Festzelt ging's mit einem offenen singen für alle unter Beteiligung aller Chöre fröhlich weiter. 

In der Kirche eröffnete derweil die Ausstellung "Die Welt ist Gottes so voll..." mit Fotografien des Dülmener Künstlers HG Werner. Die Aufnahmen, welche in den frühen Morgenstunden in der Halterner Natur entstanden sind, zeigen so ungewöhnliche wie reizvolle Perspektiven und gleichzeitig die Fragilität unseres Ökosystems. HG Werner versteht seine Arbeit als Lobpreis der Schöpfung. 
Die Ausstellung ist noch bis zum 8. November in der Pfarrkirche St. Sixtus zu sehen; die Bilder werden inklusive Rahmen gegen eine Spende für den Umzug der Laurentius-Orgel auf den Annaberg abgegeben.

>> Hier geht's zum Beitrag der Halterner Zeitung vom 9.9.2024.

9. September: Fröhlicher Seniorennachmittag & lebhaftes Streitgespräch

Nach einer gut besuchten Frühschicht, Frühstück im Festzelt und dem Stationslauf der Katharina-von-Bora-Schule waren am Nachmittag alle Seniorinnen und Senioren zu einem Gottesdienst in die Pfarrkirche eingeladen - zur Freude aller von Klemens Emmerich teils auf Plattdeutsch gehalten. Anschließend ging's zum gemeinsamen Kaffeetrinken und Singen ins Festzelt. Matthias Schütz am E-Piano und Klemens Emmerich mit seiner Mundharmonika wussten ihr großes Publikum trefflich zu unterhalten und mitzureißen. Ein Nachmittag voll guter Laune!
  

"Fordern, aber auch sich selbst einbringen!"

Kartoffellese, neugeborene Kälbchen, Eier direkt aus dem Nest. Einmachzeit, Nutzgärten, Hausschlachtung. Generationen-Wohnen. Das Klo auf dem Hof. Ein Auszug aus dem Kindheitserinnerungsfundus des Publikums an diesem Abend. Überbordende Bürokratie, „Kontrollwahn“ seitens der Politik, steigende Lebenshaltungskosten: aktuelle Problemfelder, benannt von vier Experten, die dennoch mit Leib und Seele in der Landwirtschaft tätig sind. Das Streitgespräch am Montagabend im Festzelt lieferte spannende Einblicke und lebhafte Diskussionen rund um das Thema „Wie fair ist unsere Landwirtschaft?“ Und am Ende gab es dann noch eine echte Überraschung von Pfarrer Michael Ostholthoff.    

Zu Gast waren an diesem Abend Frank Boing (Vorsitzender Katholische Landjugendbewegung im Bistum Münster und künftiger Hofbesitzer), Michael Uckelmann (Landwirt, Vizepräsident Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband, Vorsitzender Landesverband Wasser- und Bodenverbände Westfalen-Lippe), Heiner Kemper (Landwirt, Vorsitzender Landwirtschaftlicher Familienhilfsdienst Vest RE und Kirchenvorstand St. Sixtus) und Pfarrer Bernd Hante (Präses Katholische Landjugend und Landvolk Bistum Münster). Moderiert von Cilli Scholten und Michael Ostholthoff, legten die vier „Insider“ ihre jeweils persönliche Situation und Position dar und stellten sich den vielfältigen Fragen des Publikums.

"Gefühlt jedes Jahr eine Datenbank mehr"

Überdeutlich stand dabei ein Ungetüm im Raum: die Bürokratie, die sich ungebrochen aufbläht. Eine Tatsache, die als erster Heiner Kemper kritisch anmerkte. Kemper betreibt in Hullern einen Hof mit „allen Tierarten“, ist als Direktvermarkter aktiv und möchte dem ökologischen Gedanken unter anderem mit Ernteverzicht bei Getreide auf einer drei Hektar großen Fläche, artgerechter Tierhaltung sowie Grünstreifenbepflanzungen Rechnung tragen. „Aber die bürokratischen Vorgaben seitens der Politik machen es uns Landwirten nicht leichter“, so Kemper. Und das sei auch deshalb schade, weil er bei den jungen Leuten durchaus ein wachsendes Interesse an seinem Beruf feststelle.

Michael Uckelmann, der mit seiner Familie und den Eltern einen Schweinezuchtbetrieb in der Gemeinde Dülmen führt, schlug in die gleiche Kerbe: „Seitens der Politik besteht inzwischen ein regelrechter Kontrollwahn. Da wird den handelnden Akteuren quasi das Vertrauen abgesprochen. Lasst uns einfach mehr Eigenverantwortung!“ In den 15 Jahren, die er nun im Beruf sei, sitze er gefühlt jedes Jahr an einer Datenbank mehr, die er bearbeiten müsse. „Rückverfolgbarkeit, Lieferkettengesetz… vieles davon ist ja auch sinnvoll, aber insgesamt muss hier deutlich zurückfahren werden!“
Ihm seien eine Kreislaufwirtschaft mit kurzen Transportwegen wichtig. „Wir arbeiten bei Mast und Schlachtung mit einem Nachbarhof zusammen und beliefern Westfleisch, die ihren Standort in direkter Nähe haben“, so Uckelmann.

Dreieck der Nachhaltigkeit

Bernd Hante – „ich komme ebenfalls aus der Landwirtschaft mit Michvieh, Sauenhaltung und Hühnern“ – sprach sich für mehr Solidarität der Gesellschaft mit den verschiedenen Berufsgruppen aus. „Das gilt für die Landwirtschaft ebenso wie für das Handwerk, die Pflege und die Müllabfuhr: Respekt und soziale Sicherheit sind wichtig.“ Die steigenden Lebenshaltungskosten seien dabei ein echtes Problem. Nicht zuletzt sei dadurch auch die Bio-Idee teilweise zusammengebrochen. Sie ist einfach viel zu teuer für viele Verbraucher.“ Und: Jedes Land, so Hante, habe ein Recht auf Ernährungssouveränität. „Da stimme ich mit Misereor voll überein – aber das muss auch für Deutschland gelten!“ Er erwarte von der Politik Rahmenbedingungen für das sogenannte Dreieck der Nachhaltigkeit: Soziales – Ökologie – Ökonomie. Dieses müsse im Gleichgewicht bleiben.

„Denn es heißt ja nicht umsonst Landwirtschaft“, nahm Frank Boing den Faden auf,  „man muss mit seinem Hof sein täglich Brot erwirtschaften können!“

Der Mittzwanziger hat sich sehr bewusst für den Beruf des Landwirts entschieden, gerade sein Studium abgeschlossen und nun die Möglichkeit, einen Hof mit Milchvieh und Schweinemast aus der Verwandtschaft übernehmen zu können. Er weiß, dass er nicht ohne externe Arbeitskräfte wird auskommen können. „Bei Milchvieh musst du nun mal morgens und abends, jeden Tag, alltags wie feiertags, melken. Egal, was kommt.“ Durch die Schreibtischarbeit gehe jedoch mittlerweile zu viel Zeit verloren – „fürs Wesentliche. Wie in so vielen Berufen“.

Das „Wesentliche“ war denn auch ein Punkt, der vom Publikum aufgegriffen wurde. Das Thema Selbstversorgung, der Bezug zum Produkt selbst, gehe immer mehr verloren, so ein Teilnehmer. Frank Boing stimmte zu und plädierte seinerseits dafür, entsprechende Themen wieder in den Schulunterricht zurückzubringen – von Lebensmittelkunde über Regionalität bis hin zu Kochkursen.

Auch mal 2b-Ware statt immer nur 1a

Dies bringe auch eine andere Einstellung zum Produkt mit sich – und vielleicht auch die Überzeugung, nicht immer nur 1a-Ware kaufen zu müssen, sondern auch mal zur 2b-Auswahl zu greifen, die vielleicht nicht so schön aussehe, aber trotzdem einwandfrei sei. 
Hier sei jedoch der Lebensmittelhandel der entscheidende Akteur. „Dem biete ich genau einmal solche Produkte an – und dann kauft er woanders“, erklärte Michael Uckelmann. Und klar, auch er selbst würde sich wünschen, dass nur noch regional und saisonal eingekauft würde. „Das ist bei unserer Konsumlage allerdings unrealistisch.“
Im Gegenteil – der Handel gebe schon lange im Voraus vor, was wann vermarktet werden müsse, so Frank Boing – „etwa Spinat in KW 40 oder Leberkäse in KW 42. Da kommt man als kleiner Landwirt kaum mit“.

Am Ende kamen Experten wie Zuschauer in etlichen Forderungen überein: einem besseren und ideologiebefreiten Zuhören seitens der Politiker, und zwar über die jeweilige Legislaturperiode hinaus; weiterem offenem Dialog der Landwirtschaft mit den Verbrauchern, etwa über Hoftage; dem Mut auch zu unkonventionellem Einkaufen – „und fordern, aber auch sich selbst einbringen“, wie Frank Boing schloss.

Und dann verriet Pfarrer Michael Ostholthoff noch eine gerade erst ausgetüftelte Projektidee: Ein Halterner Landbesitzer möchte der Pfarrei ein Hektar Land zur Verfügung stellen, auf dem Familien mit Kindern in jeweils eigenen Parzellen säen, anpflanzen und ernten können. „Eine tolle Möglichkeit, zu erleben, wie Selbstversorgung funktioniert“, so Ostholthoff. Und eine wunderbare Fortsetzung des Glaubenswochen-Themas – mit etwas Glück schon ab dem kommenden Frühjahr!